Migrationspolitik bleibt umstritten - Einwände von Grünen, Linkspartei und aus SPD / Foto: John MACDOUGALL - AFP/Archiv
Die Migrationspolitik und insbesondere der Umgang mit Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen bleiben umstritten. Von Seiten der Bundespolizei hieß es, die Weisung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Zurückweisung auch von Asylbewerberinnen und -bewerbern werde bei Grenzkontrollen umgesetzt. Von Grünen und Linken, aber auch aus der SPD kamen jedoch Mahnungen zur Beachtung europarechtlicher Vorgaben und der Rücksichtnahme auf die Haltung von Nachbarstaaten.
"Unsere Kollegen werden jeden Asyl- und Schutzersuchenden zurückweisen, außer Schwangere, Kranke, unbegleitete Minderjährige", sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, der "Bild"-Zeitung vom Samstag. Die Weisung des Bundesinnenministers sei "für die Beamten an der Grenze bindend". Die rechtliche Verantwortung für die Maßnahmen liege "alleine beim Bundesinnenministerium".
Roßkopf widersprach damit vorherigen Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Bei seinem Antrittsbesuch am Freitag in Brüssel hatte Merz betont, Deutschland kontrolliere "in etwa so wie während der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr". Bei diesen Kontrollen hatte die Bundespolizei aber keine Asylsuchenden zurückgewiesen, weil diese Praxis nach Ansicht der damaligen Bundesregierung gegen EU-Recht verstoßen hätte.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, bestätigte der "Bild", dass die Beamten von nun an alle Flüchtlinge, mit Ausnahme von besonders gefährdeten Personen, ins Nachbarland zurückschickten. Die Weisung "schreibt Zurückweisungen zwingend vor", sagte Teggatz. "Die Bundespolizei kann so verfahren, bis möglicherweise ein Gericht etwas anderes entscheidet."
Dobrindt hatte am Mittwoch nochmals verschärfte Grenzkontrollen angekündigt, um die Flüchtlingszahlen zu senken. Dazu sollen mehr Bundespolizisten an der Grenze stationiert und fortan auch Asylbewerber zurückgewiesen werden. Ausnahmen soll es für Kinder und Schwangere geben.
"Flächendeckende Grenzkontrollen und pauschale Zurückweisungen auch von Asylsuchenden verstoßen gegen Europarecht", sagte dazu der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Helge Limburg, dem Düsseldorfer "Handelsblatt". Er forderte eine Stellungnahme von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). "Als Hüterin des Rechtsstaates darf sie nicht schweigend daneben stehen, während ihr Kabinettskollege Recht und Gesetz mit Füßen tritt", verlangte Limburg.
Er warf der Bundesregierung zudem ein "kommunikatives Chaos" vor. Hintergrund ist, dass Dobrindt sich auf eine Notlagenklausel in den EU-Verträgen beruft. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ließ jedoch klarstellen, es werde keine "nationale Notlage" ausgerufen.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch wies in der "Rheinischen Post" darauf hin, "dass jedes Vorgehen nur in Abstimmung mit den Nachbarstaaten möglich ist". Dies gelte weiterhin. Etwa in Polen stößt die deutsche Zurückweisungspraxis jedoch teils auf erheblichen Widerstand.
Auch der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mahnte im Deutschlandfunk zu europäischen Lösungen und zur Rücksicht auf Nachbarstaaten. Deutschland dürfe nicht aus innenpolitischen Gründen europapolitische Erfolge gefährdet werden.
Zudem müsse Deutschland auch weiterhin "Menschen aufnehmen aus humanitären Gründen", sagte Mützenich. Er verwies auch auf dazu zu erwartende Gerichtsentscheide. Der SPD-Politiker drang auf die Umsetzung der Beschlüsse für ein gemeinsames europäisches Asylsystem, das Aufnahmeverfahren an den Aufnahmegrenzen und eine Verteilung von Schutzberechtigten in Europa vorsieht.
Scharfe Kritik an der verschärften Asyl- und Migrationspolitik der Regierung übte auf dem Chemnitzer Parteitag der Linken deren Bundestags-Fraktionschef Sören Pellmann. "Wer aus Angst vor den Rechten rechte Politik macht, der kann nur verlieren", sagte er. Dagegen werde die Linke Widerstand leisten.
U.Laurent--LCdB