Vor Berliner Ukraine-Treffen: Deutsche Außenpolitiker fordern starke Rolle Europas / Foto: RALF HIRSCHBERGER - AFP/Archiv
Die Grünen haben die Teilnahme der USA an den Ukraine-Beratungen in Berlin über eine Waffenruhe in der Ukraine scharf kritisiert. "Wieder sitzen die USA mit am Tisch und bekommen so die Chance, alles für die Geschäftsinteressen des Trump-Clans zu manipulieren und im Sinne Putins die Linien des Denkbaren zu verschieben", sagte die Sicherheitsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, der "Rheinischen Post" vom Montag.
Die Grünen-Abgeordnete forderte Europa zu einer aktiven Rolle in den Friedensbemühungen auf. "Europa wird sich ohne die Trump-Administration um ein Ende der russischen Aggression gegen die Ukraine kümmern müssen", sagte Nanni. Es sei an der Zeit, "dass Europa eigenständig handelt und den Druck auf Russland erhöht statt den USA dabei zuzusehen, wie sie die Ukraine plündern und Putin weitere Erfolge ermöglichen".
Von den Berliner Gipfel-Beratungen erwarte sie "schöne Bilder, im schlimmsten Fall" einen lukrativen "Deal für Trump auf Kosten der Ukraine und Europas, aber keinen Frieden", sagte Nanni.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte die Europäer auf, bei den Gesprächen in Berlin "sehr robuste Garantien für die Ukraine zu übernehmen, die der Ukraine Souveränität und Freiheit wie Selbstbestimmung ermöglichen". Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte Kiesewetter: "Territoriale Zugeständnisse bedeuten Diktatfrieden und Belohnung des Aggressors."
Die Europäer müssten davon ausgehen, dass die USA "in diesen Fragen auf Seiten Russlands" stünden, sagte Kiesewetter: "Davon müssen wir uns emanzipieren und die Ukraine mit allem, was zulässig ist, unterstützen" - auch mit deutschen Taurus-Marschflugkörpern. Europa müsse die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine massiv erhöhen und deutlich machen, "dass das Ziel der Unterstützung die Zurückdrängung des Aggressors Russland ist, nicht ein Scheinfrieden, der den Aggressor belohnt".
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Florian Hahn (CSU), wertete es hingegen als starkes Zeichen, dass bei den Gesprächen in Berlin neben den engsten europäischen Verbündeten Frankreich und Großbritannien auch entscheidende US-Vertreter anwesend seien. "Was aber Putin zu diesen wirklich substanziellen und intensiven Bemühungen, diesen schrecklichen Krieg zu beenden, sagen wird, bleibt abzuwarten", sagte Hahn der "Rheinischen Post". "Einen Willen zum Frieden erkenne ich auf russischer Seite leider immer noch nicht."
Vor den Ukraine-Beratungen in Berlin forderten auch Außenpolitiker der SPD eine europäische Rolle bei der Suche nach einer Friedenslösung. "Ein Ende des Krieges kann nicht ohne Europa verhandelt werden", sagte Adis Ahmetovic, der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dem "Tagesspiegel". "Diese Botschaft muss unmissverständlich in Richtung Putin und Trump gehen. Sie müssen verstehen, dass wir uns als Europäer kein Abkommen diktieren lassen."
Es dürfe "zu keinen einseitigen territorialen Konzessionen durch die Ukraine kommen", sagte Ahmetovic. Dafür brauche es "robuste Sicherheitsgarantien, die vor allem auch verbindlich von den USA mitgetragen werden". Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe "eine schwere Aufgabe vor sich - der beste Weg aber für Erfolg ist ein starkes und selbstbewusstes Europa".
Das diplomatische Ringen um ein Ende des Ukraine-Krieges verlagert sich ab Sonntag nach Berlin: Der US-Sondergesandte Steve Witkoff will sich dort nach Angaben des Weißen Hauses mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Staatenlenkern treffen. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen führen zunächst die außenpolitischen Berater "unter anderem der USA und der Ukraine" Gespräche "zu einem möglichen Waffenstillstand in der Ukraine".
Bundeskanzler Merz hatte zuvor in Aussicht gestellt, dass am Wochenende die Ansätze für ein Ende des Ukraine-Kriegs in Berlin "abschließend" erörtert würden. Am Montag empfängt Merz Selenskyj zu deutsch-ukrainischen Wirtschaftsgesprächen und zu einem Austausch über den Stand der Friedensverhandlungen. Am Montagabend sollen zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato zu den Gesprächen hinzustoßen.
T.Lambrecht--LCdB