Extreme Hitze im Sport: "Es kann nicht so weitergehen" / Foto: IMAGO/Axel Kaste - Imago/Axel Kaste/SID
Marathon bei 34 Grad, Schwimmen im 30 Grad warmen Wasser und Hockey auf heißem Kunstrasen: Sport findet immer häufiger unter extremen Temperaturbedingungen statt - aus medizinischer Sicht ein großer Grund zur Sorge. "Es kann nicht beliebig so weitergehen. Die Systeme kommen irgendwann an ihre Grenzen und auch der menschliche Organismus ist eben nur begrenzt anpassungsfähig und belastbar", sagte Sportmediziner Hans-Georg Predel dem SID.
Temperaturen "ab 35 Grad aufwärts" wie in dieser Woche bei der Hockey-EM in Mönchengladbach, so der Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, "sind für den Organismus eine massive Herausforderung." Die Gefahren? "Bis zum Hitzschlag und schweren Kreislaufproblemen, das kennen wir alles", sagte Predel. Hinzu könnten subtilere Langzeitschäden kommen, Hautveränderungen. Insgesamt bestehe also ein "hohes Gefahrenpotenzial auch für Hochleistungssportler, weil die an ihre maximalen Grenzen gehen."
Der "schmale Grat" zwischen "geht gerade so noch" und 2geht nicht mehr" sei etwa zuletzt bei der Schwimm-WM, als Vierfach-Weltmeister Florian Wellbrock und Co. in der "Badewanne" von Singapur um die Medaillen kämpfen mussten, "nicht nur erreicht, sondern in Teilen auch schon überschritten" worden. "Das ist am Ende des Tages kalkulierter Raubbau an der Gesundheit der Athletinnen und Athleten, ob mit deren Einverständnis oder nicht, aus medialen und kommerziellen Gründen", sagte Predel.
Der Experte fordert deshalb die Veranstalter und Organisatoren von Sportereignissen auf, Schutzmaßnahmen zu entwickeln. "Genau wie man in Wimbledon eine Regenpause einkalkuliert, muss man auch Hitzebreaks einkalkulieren", sagte Predel: "Und zwar nicht nur wie im Fußball, wo man mal ein paar Minuten Trinkpause macht, sondern möglicherweise wirklich durch Terminverschiebungen."
Eine dynamische Leitlinie und Indizes zu entwickeln, "die eine rote Linie markieren", damit das Thema Hitzeschutz nicht in der individuellen Entscheidungskompetenz von Veranstaltern liegt, sollte derweil "von den großen Organisationen des Sports kommen", den Dachverbänden. Den Sportlern könne "dosiertes Hitzetraining" helfen: Der Organismus sei "bis zu einem gewissen Grad anpassungsfähig, lernt ja auch zum Beispiel effektiv zu schwitzen", sagte Predel.
Und im Breitensport? "Viel mehr Informationen, Verlegung von Trainingszeiten an Randzeiten, Bekleidungshinweise, Trinkmanagement und natürlich auch die Vermeidung von direkter ungeschützter UV-Einstrahlung" seien hier entscheidend, so der Sportmediziner.
N.Moens--LCdB